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26.08.2017 Kategorie: Propstei

Wort zum Sonntag

Liebe Leserinnen und Leser!
Ein für unsere Verhältnisse sperriges Wort steht in dem Spruch aus dem 1. Petrusbrief,
der uns in der kommenden Woche begleiten soll, der Begriff Demut. Dort heißt es:
Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petrus 5,5)
Demut ist ein Begriff, der aus der Mode gekommen ist.
Denn über die Demut lässt sich kaum theoretisch reden, sie will gelebt werden.
Aber wie sie beschreiben? Zwei Kunstwerke fallen mir ein, die etwas von der Schönheit und der Würde der Demut erfasst haben.
Das erste ist eine Skulptur von Ernst Barlach und heißt „Die „russische Bettlerin“.
Eine Frau, sitzend, den Kopf gesenkt, verhüllt. Das ist das Bild der Demut,
wie ich sie eigentlich überhaupt nicht mag. Denn viel zu lange hat man mit Demut den
verhuscht-verschämten, zu Boden gerichteten Blick verstanden. Aber ich schätze an dieser Skulptur Barlachs die auf Hoffnung hin geöffnete, sich ausstreckende Hand.
Sie weiß: Leben ist immer Empfangen, Leben ist Geschenk. Es verdankt sich einem anderen. Demut ist die Klugheit, das zu wissen und ganz fest zu bewahren.
Die russische Bettlerin ist so auch eine demütig-berührende Umsetzung des letzten überlieferten Luther-Wortes: „Wir sind Bettler, das ist wahr!“
Wir sind bedürftig und angewiesen, aber wir leben nicht ohne Verheißung.
Die geöffnete Hand wird nicht leer bleiben. Gnade nennt das der 1. Petrusbrief.
Das andere Kunstwerk, das mir etwas über die Demut aufschließt ist Matthias Grünewalds „Isenheimer Altar“. Im Zentrum steht das Kreuz Jesu, rechts davon Johannes der Täufer,
der Alternative seiner Zeit, der wortgewaltige Bußprediger.
Grünewald malt ihn aufrecht, nicht geduckt, kerzengerade,. Und er bekommt einen überdimensional langen Zeigefinger an die rechte Hand gemalt.
So wird Johannes zum Wegweiser. Indem er ein „Von-sich-weg-Weiser“ ist der sagt:
„Auf den Gekreuzigten sollt ihr sehen. Am Kreuz hängt die Rettung, dort wird die Liebe zu Tode gefoltert aber das wird nicht endgültig gelingen. Seht darum auf das Kreuz,
weil der von Gott scheinbar verlassene Gott dort die Liebe durchhält bis zum Schluss.“
Grünewald malt einen demütigen Johannes, der von sich absehen und einen anderen neben sich groß werden lassen kann. Das ist eine Form der Demut, die mir einleuchtet. Sie braucht innere Stärke und aufrechte Größe. Sie braucht den Mut, sich selber zurücknehmen zu können um eines anderen willen. Gesegnet ist, wer das kann.

Einen gesegneten Sonntag wünscht
Jens Möhle, Pfarrer in Ahlum, Atzum und Wendessen
Beitrag von Jens Möhle, Pfarrer