Welt der Märkte: Weihnachtsmärke eröffnen bei uns. Das schafft oft eine schöne Atmosphäre. Und in der Zeitung lesen wir, dass in Libyen Flüchtlinge malträtiert und als Sklaven auf dem Markt verkauft werden.
Mir fiel diese Geschichte wieder ein: Jeden Morgen beobachten die Diener, wie ihr König für etwa eine halbe Stunde in einem kleinen Schuppen verschwindet. Eines Tages fragt ein Hofbeamter ihn, was er da tue. Der König erzählt, dass er dort morgens immer ein albernes Röckchen mit Glöckchen anziehe und eine Kappe aus Tierfell. Mit einem Tamburin in der Hand drehe er sich so einige Minuten vor dem Spiegel im Schuppen und betrachte sich.
„Warum tust du das?“, wurde er gefragt. „Um mich jeden Tag daran zu erinnern, was ich zu tragen und zu tun gezwungen war, als ich noch Sklave war. Erst wenn ich darüber erneut schmerzvolle Tränen vergossen und für meine Freiheit gedankt habe, bin ich bereit, so gut wie möglich als König für euch alle da zu sein“. Es heißt, er war sehr gerecht.
Es kann stark prägen, woher wir in der Gesellschaft kommen. Es bestimmt unseren Blickwinkel und unsere Aufmerksamkeit, auch unsere Werte. Wer den Krieg erlitten hat, wird viel daransetzen, Gewalttendenzen zu überwinden. Wer Flucht durchmachen musste, wird im Schicksal heutiger Flüchtlinge Geistesverwandte sehen. Wer als Schwarzer den Rassismus buchstäblich am eigenen Leib erfuhr, wird möglicherweise als Präsident intensiver für Gleichstellung kämpfen als ein wohlhabender weißer Unternehmer.
Bevor wir als Christen in die Advents- und Weihnachtszeit mit allen anderen aufbrechen, wird auf vergleichbare Weise ein Bewusstsein hergestellt, woher wir kommen. In den zurückliegenden Wochen wurde der ernsten Themen gedacht: Volkstrauertag und die Friedensfrage, Buß- und Bettag und das Nachdenken über Irrwege und Umkehr, Totensonntag und das Gedenken an Verstorbene und Besinnung auf unsere Hoffnung. Darum beginnt für Christen der Advent eben nicht mit den ersten Dominosteinen im Handel, sondern im Dezember. Jetzt Sonntag.
Und auch da soll nicht vergessen werden, dass alles Leuchten, Sterne, Engel, Krippendarstellungen biblisch gesehen nicht als hübsche Deko, sondern als Trost und Protest gegen eine Welt des Elends gesetzt werden. Die Erzählung von der niedrigen Geburt im Stall widerspricht allem Von-Oben-Herab.
Das stärkste Symbol dafür ist der bewusste Beginn der Adventszeit in Verbindung mit der Aktion BROT FÜR DIE WELT. Projekte werden in den Blick gerückt und Spenden dafür gesammelt, in denen Menschen erfolgreich ihrem Elend und sogar modernen Sklavendasein etwas entgegensetzen konnten: Selbsthilfe, Initiative, Eigenständigkeit. In unserer Gemeinde beschäftigen wir uns mit der Befreiung von Kindersklaven in Indien.
Christen feiern diese Adventszeit so gern wie andere. Auch mit Kerzen, Gemütlichkeit, Glühwein, Essen und Gebäck. Aber sie wollen wie der König in der Erzählung nicht vergessen, „wo wir herkommen mit unserer biblischen Tradition“. Es ist eine Tradition, die unablässig auf mehr Gerechtigkeit, auf Beendigung von Gewalt und auf Befreiung von Menschen aus den Fängen einer versklavenden, verelenden und unfrei machenden Welt drängt. Gerade weil vertrauensvoll von Gott singen „all‘ unsre Not zum End er bringt“ wollen wir an bestehender Not nicht vorüber sehen, sondern, sie im Bewusstsein behalten und etwas dagegen setzen. Und sei es auch erst Mal bloß eine großzügige Spende für BROT FÜR DIE WELT.
Dietmar Schmidt-Pultke, Pastor in St. Thomas Wolfenbüttel
Mir fiel diese Geschichte wieder ein: Jeden Morgen beobachten die Diener, wie ihr König für etwa eine halbe Stunde in einem kleinen Schuppen verschwindet. Eines Tages fragt ein Hofbeamter ihn, was er da tue. Der König erzählt, dass er dort morgens immer ein albernes Röckchen mit Glöckchen anziehe und eine Kappe aus Tierfell. Mit einem Tamburin in der Hand drehe er sich so einige Minuten vor dem Spiegel im Schuppen und betrachte sich.
„Warum tust du das?“, wurde er gefragt. „Um mich jeden Tag daran zu erinnern, was ich zu tragen und zu tun gezwungen war, als ich noch Sklave war. Erst wenn ich darüber erneut schmerzvolle Tränen vergossen und für meine Freiheit gedankt habe, bin ich bereit, so gut wie möglich als König für euch alle da zu sein“. Es heißt, er war sehr gerecht.
Es kann stark prägen, woher wir in der Gesellschaft kommen. Es bestimmt unseren Blickwinkel und unsere Aufmerksamkeit, auch unsere Werte. Wer den Krieg erlitten hat, wird viel daransetzen, Gewalttendenzen zu überwinden. Wer Flucht durchmachen musste, wird im Schicksal heutiger Flüchtlinge Geistesverwandte sehen. Wer als Schwarzer den Rassismus buchstäblich am eigenen Leib erfuhr, wird möglicherweise als Präsident intensiver für Gleichstellung kämpfen als ein wohlhabender weißer Unternehmer.
Bevor wir als Christen in die Advents- und Weihnachtszeit mit allen anderen aufbrechen, wird auf vergleichbare Weise ein Bewusstsein hergestellt, woher wir kommen. In den zurückliegenden Wochen wurde der ernsten Themen gedacht: Volkstrauertag und die Friedensfrage, Buß- und Bettag und das Nachdenken über Irrwege und Umkehr, Totensonntag und das Gedenken an Verstorbene und Besinnung auf unsere Hoffnung. Darum beginnt für Christen der Advent eben nicht mit den ersten Dominosteinen im Handel, sondern im Dezember. Jetzt Sonntag.
Und auch da soll nicht vergessen werden, dass alles Leuchten, Sterne, Engel, Krippendarstellungen biblisch gesehen nicht als hübsche Deko, sondern als Trost und Protest gegen eine Welt des Elends gesetzt werden. Die Erzählung von der niedrigen Geburt im Stall widerspricht allem Von-Oben-Herab.
Das stärkste Symbol dafür ist der bewusste Beginn der Adventszeit in Verbindung mit der Aktion BROT FÜR DIE WELT. Projekte werden in den Blick gerückt und Spenden dafür gesammelt, in denen Menschen erfolgreich ihrem Elend und sogar modernen Sklavendasein etwas entgegensetzen konnten: Selbsthilfe, Initiative, Eigenständigkeit. In unserer Gemeinde beschäftigen wir uns mit der Befreiung von Kindersklaven in Indien.
Christen feiern diese Adventszeit so gern wie andere. Auch mit Kerzen, Gemütlichkeit, Glühwein, Essen und Gebäck. Aber sie wollen wie der König in der Erzählung nicht vergessen, „wo wir herkommen mit unserer biblischen Tradition“. Es ist eine Tradition, die unablässig auf mehr Gerechtigkeit, auf Beendigung von Gewalt und auf Befreiung von Menschen aus den Fängen einer versklavenden, verelenden und unfrei machenden Welt drängt. Gerade weil vertrauensvoll von Gott singen „all‘ unsre Not zum End er bringt“ wollen wir an bestehender Not nicht vorüber sehen, sondern, sie im Bewusstsein behalten und etwas dagegen setzen. Und sei es auch erst Mal bloß eine großzügige Spende für BROT FÜR DIE WELT.
Dietmar Schmidt-Pultke, Pastor in St. Thomas Wolfenbüttel