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23.12.2017 Kategorie: Propstei

Wort zum Sonntag

Es war einmal...

„Es war einmal…“ im England des 19. Jahrhunderts.
„Hungry forties“, „hungrige Vierziger“ so wurden die Vierzigerjahre damals genannt:
Soziale Unruhen, wirtschaftliche Depressionen, Kinderarmut und ein Parlament,
das sich den Sorgen der Menschen verschließt, nicht so völlig anders heute.
In dieser Zeit reift in Charles Dickens der Gedanke, an die Gefühle der Menschen appellieren. Im Dezember 1843 erscheint „A christmas carol“ als einer der ersten sozialen Romane.
Diese Weihnachtsgeschichte handelt von Ebenezer Scrooge, einem hartherzigen, habgierigen, vergrämten Geizhals der voller Kälte ist und überall Kälte verbreitet.
In der Nacht vor Heiligabend besucht ihn zunächst der Geist seines verstorbenen Geschäftspartners Jacob Marley.
„Du trägst Fesseln?“, fragte Scrooge ihn zitternd, „sag mir, warum?“
„Ich trage die Kette, die ich in meinem Leben geschmiedet habe“, antwortet der Geist.
„Willst du wissen“, fährt er fort, „ wie schwer und lang die starke Kette ist, die du selber trägst?“

Ich glaube, viele von uns kennen das: Ketten, die fesseln. Was hält uns gefangen?
Was befreit uns? Aufbrechen, fliehen, abstreiten, stutzig werden, vor die Wand rennen, erstarren, aufgeben, fast …zum Glück nur fast!
Das Weihnachtsmärchen von Charles Dickens ist eine große Geschichte vom Aufbruch.
Drei Geister werden Ebenezer Scrooge in der folgenden Nacht, der Heiligen Nacht, angekündigt: der Geist der vergangenen, der Geist der gegenwärtigen und der Geist der zukünftigen Weihnacht. Sie halten ihm sein Leben vor das gefesselt ist vom Geld und vom egoistischen Erfolg des Geschäftsmannes.
Der Blick auf sein verkrümmtes Ich läutert Scrooge, er fragt, ob es nicht einen Weg gäbe,
die Vergangenheit zu tilgen und die Gegenwart zu ändern.
Man wartet ja immer irgendwie darauf, demnächst zu leben.
Aber verändern kann ich mich nur heute. Die Ketten, die ich erst morgen sprengen will,
halten mich heute noch gefangen.
Und vielleicht bin ich schon morgen nicht mehr stark genug. Scrooge fand die Kraft dafür. „Scrooge war besser als sein Wort“, heißt es zum Schluß der Geschichte.
Und lachend zieht ein völlig veränderter Scrooge am Weihnachtsmorgen durch die Straßen, den verdutzten Gesichtern „Fröhliche Weihnachten!“ zurufend.
Ein neuer Scrooge, von dem man ab diesem Weihnachten sagte „er wisse Weihnachten recht zu feiern, wenn es überhaupt ein Mensch wisse.“
Charles Dickens macht uns mit seinem Märchen Mut, die Ketten zu sprengen, die uns fesseln,
jetzt an diesem ersten Weihnachtsfest vom Rest unseres Lebens.

Fröhliche und gesegnete Weihnachten wünscht
Jens Möhle, Pfarrer in Ahlum, Atzum und Wendessen.
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